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Ein Dorf kämpft um seine Burg – und gegen den Kanton
Die 2023 gebaute Burg auf dem Büchel sollte schon längst abgerissen sein. So fordert es die Kantonsarchäologie. Doch die Zunzger setzen sich hartnäckig für den Erhalt des Baus ein.
Seit August 2023 thront sie majestätisch über dem Dorf und ist von der A2 aus gut sichtbar: die «Büchelburg» bei Zunzgen – ein sieben Meter hoher, mittelalterlich anmutender Holzturm. Sie steht auf dem Büchel, also jenem sagenumwobenen Hügel, wo der legendäre Hunnenkönig Attila in einem goldenen Sarg begraben sein soll.
Schon längst sollte die stolze Burg aber abgerissen sein – dies verlangen die Baselbieter Kantonsarchäologie sowie das Bauinspektorat. Die letzte Frist datiert von vergangener Woche. Das Bauinspektorat versandte eine «Einladung» an den Gemeinderat, das Gebäude bis Ende März abzubauen.
Doch im Dorf wehrt man sich. «Der Gemeinderat wird sich dafür einsetzen, dass die Burg noch ein paar Monate stehen bleibt», sagt Gemeindepräsident Hansruedi Wüthrich auf Anfrage.
Möglich wäre laut «Volksstimme» eine juristische Verzögerungstaktik: Die nicht beschwerdefähige «Einladung» könnte ignoriert, die darauf folgende Verfügung zum Abriss – also ein Befehl – könnte aber angefochten werden. Das genaue Vorgehen werde man in der Gemeinderatssitzung vom Montag besprechen, sagt Wüthrich – er betont, man versuche eine einvernehmliche Lösung mit den Behörden zu finden.
Kantonsarchäologie vs. Büchelburg
Es ist nur das neuste Kapitel im Kampf um die Büchelburg, die von einer Gruppe Zunzger anlässlich der 700-Jahr-Feier des Dorfs errichtet wurde. Der Bau hatte von Anfang an einen Haken: Er war zwar mit der Gemeinde abgesprochen, die eine provisorische Bewilligung für ein halbes Jahr erteilte, allerdings nicht mit dem Kanton.
Der Büchel ist ein Überrest einer frühmittelalterlichen Burgmotte (und nicht etwa Attilas Grab) und damit archäologische Schutzzone. Eine Burgmotte ist ein künstlich aufgeschütteter Hügel. Auf dessen Spitze stand im Mittelalter ein Wehrturm.
«Es ist eine der wenigen Motten in der Schweiz, die erhalten geblieben sind», sagt Kantonsarchäologe Reto Marti. Es handle sich um eine seltene, extrem fragile archäologische Stätte. Jeder Bodeneingriff drohe wissenschaftliche Informationen zu zerstören.
Warum erteilte die Gemeinde trotzdem eine provisorische Bewilligung? Wüthrich erklärt, man habe den Bau nur unter Auflagen bewilligt, die den Schutz des Kulturerbes berücksichtigt hätten. Beispielsweise hätten die Erbauer das Erdreich nicht auflockern dürfen. Dennoch störte sich die Kantonsarchäologie an den 1,5 Meter tiefen Schraubfundamenten für die Burg, die allerdings von kleinem Durchmesser sind.
Gemeinderat unterstützt Petition
In Absprache mit der Kantonsarchäologie konnte der Gemeinderat letztes Jahr eine Gnadenfrist für den Turm bis Ende Oktober erwirken. Daraufhin regte sich im Dorf jedoch starker Widerstand: Eine an den Regierungsrat gerichtete Petition forderte die Erhaltung des Bauwerks bis Herbst 2028. Sie wurde von 556 Personen unterschrieben – eine beachtliche Zahl bei rund 2800 Einwohnern.
Die Regierung verwies auf das ordentliche Bewilligungsverfahren. Der Gemeinderat gab ein Baugesuch ein, welches aber letzte Woche abschlägig beantwortet wurde – die erwähnte Aufforderung zum Abriss folgte.
Tanzt Zunzgen den Behörden seit Monaten auf der Nase herum? Wüthrich verneint. Die Fristerstreckung sei mit der Kantonsarchäologie vereinbart gewesen. Man handle zudem im Sinne der Bevölkerung, die die Burg erhalten wolle. Ebenso bewege man sich mit der möglichen Anfechtung im normalen rechtlichen Rahmen einer Gemeinde.
Burg ist «Wahrzeichen»
Die Zunzger setzen sich hartnäckig für ihre Burg ein. «Sie ist zu einem Wahrzeichen geworden», sagt Gemeindepräsident Wüthrich. Der Bau sei dem Turm auf dem Gemeindewappen nachgebildet – ein identitätsstiftendes Werk.
Das Bauwerk wurde von einer Gruppe um den Zimmermann Martin Wüthrich errichtet. Es wurde in einer Art Nacht-und-Nebel-Aktion hochgezogen. Im Geheimen hatte die Gruppe die 8,5 Tonnen schweren Holzbauteile vorfabriziert und zog diese über Nacht mit einem Baukran hoch.
Am Jubiläumsfest war die Burg ein Publikumsmagnet. Auch nachher stellte man den Turm, der sonst eigentlich geschlossen ist, gelegentlich für Anlässe zur Verfügung.