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Eine kleine Auswahl meiner Texte aus bz und BaZ. Bis jetzt hatte ich es mit verrückten Seebären, einem ungarischen Geschichtsverdreher, veganen Studenten sowie lärmig-rumpelnden Trams zu tun - Aufzählung unvollständig.
Die Uni-Mensa soll vegan werden – diese Studentinnen stecken dahinter

Die Uni-Mensa soll vegan werden – diese Studentinnen stecken dahinter

Mittwoch, April 16, 2025 Uni Basel Mensa Basler Zeitung

Es ist eine Forderung, die für Aufregung sorgt: Die Mensa der Universität Basel soll bis 2030 «rein pflanzlich» werden. So will es der Studierendenrat.

(mit Katrin Hauser)

Die Uni-Mensa solle «rein pflanzlich» werden, fordert der Studierendenrat der Uni Basel. Diese Forderung mag einige provozieren – doch Noëmi Bertherin, Mireille Kim und Chantal Senn wirken eher wie stille Schafferinnen als wie wilde Revoluzzer. Sie sprechen von «wissenschaftlicher Kommunikation» und möchten die Menschen «im Dialog» überzeugen. «Nachhaltige Lösungen findet man nur so», sagt Kim.

Die drei Studentinnen waren federführend bei der Forderung nach einer pflanzlichen Mensa. Sie engagieren sich für «Plant-Based Universities», eine ursprünglich britische Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Uni-Kantinen in ganz Europa auf vegane Küche umzustellen. «Wir wollen die Institution nicht stürzen, sondern diese als Studentinnen von innen verändern», sagt die Biologiestudentin Senn. Von radikalen Klimaaktivisten wie Extinction Rebellion distanzieren sie sich.

Die Jusstudentin Bertherin begründet die Forderung nach einer pflanzlichen Mensa so: «Eine pflanzenbasierte Ernährung ist erwiesenermassen die nachhaltigste. Ein Grossteil der Umweltschäden geht auf Fleisch und andere tierische Produkte zurück.» Die Uni sei ein Ort der Forschung, hier wisse man über den Klimawandel Bescheid. «Sie muss eine Vorreiterrolle einnehmen.»

Es gibt diverse Studien, die aufzeigen, dass eine pflanzliche Ernährung weit weniger Treibhausgasemissionen verursacht – gerade auch wenn man tierische und pflanzliche Produkte im Einzelnen vergleicht. Andererseits heisst pflanzlich nicht automatisch nachhaltig: Avocados etwa haben eine schlechte Ökobilanz.

Geht es nach dem Studierendenrat, soll es ab 2030 keine Eier, kein Fleisch und keine Milch mehr in der Mensa geben. Bis dahin wolle man mit der Unileitung «zur Lösungsfindung» das Gespräch suchen, sagt Kim, die Geografie und Medienwissenschaft studiert.

Der Entscheid des Rates ist nämlich nicht bindend. Das Rektorat entscheidet darüber. Die Uni hält sich indes mit einem Statement zurück: «Ob das Anliegen einer rein veganen Verpflegung mehrheitsfähig ist, wird sich zeigen», sagt Arne Menn, Leiter der Fachstelle Nachhaltigkeit, auf Anfrage.

Die Hochschule unternimmt jetzt schon Schritte Richtung mehr Nachhaltigkeit. Ab Juli wird ein neuer Caterer gesucht; ab Mitte 2026 müssten mindestens 60 Prozent der angebotenen Mahlzeiten fleischlos sein, lautet die Vorgabe.

Vegane Mensa «demokratisch legitimiert»

Die drei Studentinnen betonen immer wieder, dass ihre Forderung demokratisch legitimiert sei. Es ist ihr Hauptargument, um die Uni zum Einlenken zu bringen. Schliesslich ist der 36-köpfige Studierendenrat die offizielle Vertretung der rund 13’000 Studenten an der Uni Basel – er setzt sich aus den Mitgliedern der verschiedenen Fakultäten zusammen. «Die pflanzliche Mensa ist ein Bedürfnis der Studierenden», sagen die drei selbstbewusst.

Wirklich?

In der Vergangenheit hatten die Fakultäten und der Studierendenrat immer wieder Probleme, überhaupt Personal zu finden. Aktuell seien aber alle Fakultäten gut vertreten. Lediglich zwei Sitze seien unbesetzt. Dennoch: Die Nachfrage ist in der Regel nicht riesig. Bertherin und Kim, die Teil des Studierendenrates sind, wurden in stiller Wahl gewählt.

«Man hat oft ein Partizipationsproblem», räumt Bertherin ein. Das sei aber eine grundsätzliche Problematik der Demokratie, nicht nur an der Uni. Legitimiert werde ihr Anliegen zusätzlich durch eine Petition. «Wir konnten 750 Unterschriften sammeln.» Dabei hätten sie auch zahlreiche Gespräche mit Studierenden geführt. «Die Unterstützung ist gross.»

Gäbe es eine Abstimmung unter allen Studierenden, so glauben sie, würde eine Mehrheit dafür stimmen: Im Studierendenrat stimmten von 21 Anwesenden elf dafür, sechs dagegen, und vier enthielten sich der Stimme.

Auch der Basler Studierendenrat gespalten

Diametral anders sieht das Jafar Ghaffarnejad. Das FDP-Mitglied sitzt ebenfalls im Studierendenrat und ist dort Präsident der Finanzkommission. Zu behaupten, der Studierendenrat repräsentiere die Gesamtheit der rund 13’000 Studierenden, sei «doch ein bisschen weit aus dem Fenster gelehnt», sagt der Jusstudent. Das Gremium ticke linker als der studentische Durchschnitt. Er bezweifelt, dass eine Mehrheit hinter einer rein veganen Mensa stehen würde.

Ghaffarnejad hat deswegen eine Gegenpetition gestartet. «Eine rein vegane Mensa ist deutlich bevormundend.» Über fleischloses Essen könnte man noch diskutieren – aber nur vegan? «Eine Minderheit ernährt sich so.» Als öffentliche Institution solle die Uni auch die Vielfalt der Gesellschaft abbilden.

Bevormunden die veganen Studentinnen den Uni-Campus? «Wir zielen auf die Institution ab, nicht auf das Individuum», entgegnet Kim. Man schreibe niemandem vor, was er oder sie in den eigenen vier Wänden esse. Es gebe genügend Ausweichmöglichkeiten. Sie meint gar, eine pflanzliche Mensa sei ein «Luxus.» Denn: «Die Studierenden müssen sich nicht selbst um eine nachhaltige und ausgewogene Ernährung kümmern. Diese Verantwortung übernimmt die Uni.»

«Wir sind doch alle gleichwertige Studierende. Wieso sollte eine Mehrheit für das Mittagessen künftig in den Supermarkt ausweichen müssen?», fragt derweil Ghaffarnejad rhetorisch. Das Argument, die Institution müsse umdenken und nicht der Einzelne, hält er für paradox. «Wenn die Mensa vegan wird, betrifft das ja die einzelnen Studierenden.»

Überhaupt hält er die Debatte für etwas abgehoben. Vor seinem Jusstudium hat Ghaffarnejad eine Lehre zum Lastwagenmechatroniker absolviert. «Meine ehemaligen Kollegen in der Berufsschule würden mich auslachen, wenn sie wüssten, über was wir hier diskutieren.»

Vegane Mensa gegen den Klimawandel

Ganz anders sieht das bei den drei Studentinnen aus. «Die Situation spitzt sich von Tag zu Tag zu», sagt Bertherin. «Das Ausmass der Klimakrise ist wirklich kritisch.» Man müsse jetzt aktiv werden.

Lange Zeit fühlten sie sich hilflos angesichts des Klimawandels. «Ich hatte den Eindruck, als Einzelperson nichts bewirken zu können», sagt etwa Kim. Als sie beginnt, am «kleinen Rädchen Ernährung zu drehen», und ihren Fleischkonsum eindämmt, merkt sie, wie sie dieser Ohnmacht etwas entgegensetzen kann.

Sie selbst seien keine Heiligen, erzählen sie. «Wir brauchen nicht 100 Leute, die es perfekt machen, sondern ein paar Tausend, die ein bisschen etwas verändern», sagt Kim. Sie hat koreanische Wurzeln und absolvierte deswegen ein Austauschjahr in Seoul – wofür sie lange Flugreisen unternahm. Senn fuhr lange Töff, da sie «auf dem Land aufgewachsen» sei, wie sie schmunzelnd sagt. Immerhin: Vegan ernähren sie sich inzwischen alle, und von A nach B reisen sie mit dem Zug oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln.

Schliesslich: Pflanzliche Ernährung sei mehr als nur Klimaschutz. Für Bertherin ist sie auch ein Beitrag zur «globalen Klimagerechtigkeit». Die Industrienationen verursachten übermässig viele Umweltschäden. «Darunter leidet dann aber vor allem der globale Süden.» Mit mehr pflanzlicher Ernährung verringerten sich die Abhängigkeiten.

Damit trifft sie offenbar den Nerv vieler Studenten. Nicht nur das Basler Studierendenparlament hat sich für eine vegane Mensa ausgesprochen, sondern auch jenes in Bern.

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